Was ist Weißabgleich in der Fotografie, warum ist er wichtig und wie kannst du ihn richtig einstellen? Erfahre, wie du Farbstiche vermeidest und natürliche Farben in jeder Lichtsituation erreichst.
Ein perfektes Foto beginnt nicht nur mit dem richtigen Motiv oder der besten Schärfe – sondern mit der richtigen Farbbalance. Wenn ein Bild einen merkwürdigen Farbstich hat, etwa zu gelblich oder bläulich wirkt, liegt das oft am falschen Weißabgleich.
Studioaufnahme, Landschaft bei Sonnenuntergang oder Porträt im Neonlicht – jede Lichtquelle hat ihre eigene Farbe. Unsere Augen passen sich automatisch an diese Farbtemperaturen an, aber die Kamera muss dabei etwas nachhelfen. Genau hier kommt der Weißabgleich ins Spiel.
In diesem Guide erfährst du:
- was der Weißabgleich genau ist;
- warum er so entscheidend für realistische Farben ist;
- wie du ihn in der Kamera und im Nachhinein richtig einstellst’
- und welche Fehler du unbedingt vermeiden solltest.
Was ist Weißabgleich?
Der Weißabgleich (engl. white balance) ist eine kamerainterne oder nachträgliche Farbkorrektur, die dafür sorgt, dass Farben auf Fotos natürlich wirken – insbesondere Weiß. Denn Weiß ist in der Fotografie der Referenzwert: Wenn Weiß richtig dargestellt wird, stimmen alle anderen Farben.
Warum ist Weißabgleich wichtig?
Licht ist nicht gleich Licht. Morgens ist es kühl und bläulich, abends warm und goldfarben. Innenlichtquellen wie Glühbirnen oder LED-Leuchten haben wieder ganz andere Farbtemperaturen. Wenn deine Kamera diese Unterschiede nicht kompensiert, erscheinen Hauttöne fahl, Schnee gelblich oder weiße Blumen bläulich.
Ein gut gesetzter Weißabgleich sorgt für:
- realistische Hauttöne
- natürliche Farben bei Pflanzen, Produkten und Kleidung
- konsistente Bildserien (z. B. bei Shootings)
Für Makrofans etwa lohnt sich präziser Weißabgleich – gerade bei der Makrofotografie von Blumen oder Insekten sind echte Farben essenziell.
Wie funktioniert der Weißabgleich?
Die Kamera misst das vorhandene Licht und gleicht es mit einem definierten „neutralen Weiß“ ab. Ziel: Farbstiche entfernen und die Farben neutralisieren.
Dazu nutzt sie die sogenannte Farbtemperatur, gemessen in Kelvin (K). Je niedriger der Wert, desto wärmer das Licht (z. B. Kerzenlicht bei 2000 K). Höhere Werte deuten auf kühleres, bläuliches Licht hin (z. B. Schatten bei 8000 K).
Typische Farbtemperaturen im Überblick
Lichtquelle | Farbtemperatur (in Kelvin) |
Kerzenlicht | ca. 1500 K |
Glühbirne | ca. 2700–3000 K |
Sonnenaufgang/-untergang | ca. 3000–4000 K |
Mittagslicht (Sonne) | ca. 5500–6000 K |
Bewölkter Himmel | ca. 6500–7500 K |
Schatten | ca. 7000–8000 K |
Blauer Himmel | bis zu 10.000 K |
Je nachdem, welche Lichtquelle dominiert, solltest du deinen Weißabgleich darauf abstimmen. Gerade bei Naturmotiven wie Blumen fotografieren ist das ein entscheidender Unterschied.
Weißabgleich in der Kamera einstellen
Moderne Kameras bieten mehrere Möglichkeiten, den Weißabgleich zu setzen – automatisch oder manuell. Beide Methoden haben ihre Berechtigung und Vor- sowie Nachteile.
Automatischer Weißabgleich (AWB)
Die Kamera erkennt selbstständig die Farbtemperatur des Lichts und stellt sie entsprechend ein. Das funktioniert in vielen Situationen recht zuverlässig – vor allem bei Tageslicht oder gemischtem Licht.
Vorteile | Nachteile |
Schnell und unkompliziert | Farbtemperatur kann zwischen Serien variieren |
Ideal für Anfänger oder wechselnde Lichtbedingungen | Kann bei einfarbigen Motiven (z. B. weißes Hemd vor weißer Wand) danebenliegen |
Spart Zeit beim Shooting |
Wenn du z. B. bei einem Porträt-Shooting mit starkem Hintergrundlicht arbeitest, kann der automatische Modus schnell überfordert sein. In solchen Fällen empfiehlt sich die manuelle Kontrolle – besonders, wenn du den Hintergrund unscharf machen willst und dabei Hauttöne natürlich bleiben sollen.
Gerade bei Sonnenauf- oder -untergängen ist das Licht besonders warm und farbintensiv – viele Fotografen setzen in solchen Momenten bewusst einen kühlen Weißabgleich ein, um Kontraste zu verstärken. Wenn du in der Goldenen Stunde fotografierst, lohnt es sich, mit verschiedenen Farbtemperaturen zu experimentieren, um die Atmosphäre noch besser zu betonen.
Manueller Weißabgleich
Hier kannst du entweder einen Kelvin-Wert direkt einstellen oder mit einer Graukarte (18 % Grau) arbeiten. Einige Kameras erlauben benutzerdefinierte Werte, die du selbst messen kannst.
Geeignet für:
- Studiofotografie
- Produktfotos mit definiertem Licht
- Serien mit gleichbleibender Farbtreue
Tipp: Wenn du dich mit manuellem Weißabgleich beschäftigst, lernst du schnell, Licht viel bewusster zu sehen – und gezielter zu steuern. So entstehen stimmige Farben, die du später nicht mehr mühsam korrigieren musst.
Weißabgleich für verschiedene Aufnahmesituationen
Die perfekte Weißabgleich-Einstellung hängt stark von der Aufnahmesituation ab. Hier ist eine praktische Übersicht, wie du je nach Motiv und Licht die Farbtemperatur anpassen kannst:
Aufnahmesituation | Empfohlener Modus | Farbtemperatur (ca.) |
Porträt im Sonnenlicht | Tageslicht / Manuell | 5200–5800 K |
Innenaufnahme mit Glühbirne | Kunstlicht / Manuell | 2700–3200 K |
Landschaft bei Sonnenuntergang | Manuell | 4000–5000 K |
Im Schatten | Schatten-Modus / Manuell | 7000–8000 K |
Studio mit Blitzlicht | Blitz-Modus / Manuell | 6000–6500 K |
Nachtaufnahme mit Straßenlicht | Manuell | 2500–4000 K |
Insbesondere bei bunten, kontrastreichen Motiven wie Blumen oder Stillleben kannst du den Farbcharakter durch den Weißabgleich gezielt steuern. In Verbindung mit bewusst gesetzten Sekundärfarben entstehen dadurch starke visuelle Reize, die dein Bild deutlich lebendiger wirken lassen.
Bei Motiven mit gemischtem Licht – etwa Neon + Tageslicht – kann es schwierig sein, die Farben korrekt darzustellen. In solchen Fällen hilft ein späterer Weißabgleich in der Nachbearbeitung, wie du ihn etwa mit einem Fotobearbeitungsprogramm wie Luminar Neo durchführen kannst.
Häufige Fehler beim Weißabgleich und wie du sie vermeidest
1. Farbstiche ignorieren
Wenn dein Bild einen deutlichen Blaustich hat (z. B. durch Schatten), solltest du nicht darauf hoffen, dass es einfach „künstlerisch“ wirkt. Farbfehler können schnell unprofessionell aussehen – und lassen sich mit einem passenden Weißabgleich leicht vermeiden.
2. Falscher automatischer Modus
Viele Fotograf:innen verlassen sich blind auf den automatischen Weißabgleich. Doch dieser kann bei schwierigen Lichtverhältnissen scheitern – etwa in Räumen mit mehreren Lichtquellen (z. B. Fensterlicht + warmes Deckenlicht). Hier ist der manuelle Modus oder eine Graukarte oft die bessere Wahl.
3. Alle Bilder gleich behandeln
Wenn du viele Bilder im selben Setting machst: Licht verändert sich – z. B. durch Sonnenbewegung oder wechselnde Wolken. Kontrolliere regelmäßig deinen Weißabgleich, um konsistente Farben zu erhalten.
4. Weißabgleich mit extremen Filtern kombinieren
Wenn du zusätzlich starke Farbfilter oder Farblooks anwendest (z. B. mit Presets oder LUTs), kann ein unpassender Weißabgleich das Bild kippen. Sorge zuerst für einen neutralen Ausgangspunkt – und wende dann kreative Looks an.
Ein klarer Vorteil digitaler Fotografie: Wenn du im RAW-Format fotografierst, kannst du den Weißabgleich jederzeit in der Nachbearbeitung anpassen – ohne Qualitätsverlust.
Weißabgleich in der Nachbearbeitung
Wenn du in JPEG fotografierst, solltest du den Weißabgleich möglichst direkt bei der Aufnahme richtig setzen – da spätere Korrekturen nur eingeschränkt möglich sind. Mit RAW hingegen bist du flexibel.
Programme wie Luminar Neo bieten dir intelligente Werkzeuge, um den Weißabgleich mit wenigen Klicks zu korrigieren. Die Software analysiert das Bild, erkennt dominante Farbstiche und schlägt dir passende Korrekturen vor.
Für kreative Kontrolle kannst du außerdem gezielt Teilbereiche anpassen oder mit dem Bildqualität verbessern Tool auch Licht und Kontrast optimieren – ideal bei Porträts, Produktfotos oder Naturaufnahmen.
Tipp: Viele der besten Bildbearbeitungsprogramme setzen heute auf smarte KI-Funktionen, die dir helfen, schnell und präzise zu arbeiten – wenn du mit wechselnden Lichtquellen zu tun hast.
Fazit: Weißabgleich richtig verstehen und anwenden
Der Weißabgleich ist ein oft unterschätztes Element der Fotografie – dabei entscheidet er maßgeblich über die Wirkung deiner Bilder. Ob warme Sonnenuntergangsstimmung, kühles Studiolicht oder neutraler Produktshot: Nur wenn die Farbtemperatur richtig eingestellt ist, wirken deine Fotos glaubwürdig und stimmungsvoll.
Das Wichtigste noch einmal zusammengefasst:
- Versteh den Unterschied zwischen automatischem und manuellem Weißabgleich.
- Passe den Weißabgleich je nach Lichtsituation an – wichtig bei gemischtem Licht.
- Fotografiere im RAW-Format, um bei Bedarf später korrigieren zu können.
- Nutze Tools wie Luminar Neo, um den Weißabgleich in der Nachbearbeitung präzise und verlustfrei zu justieren.
Wenn du beim nächsten Mal wieder das Gefühl hast, dass dein Bild „irgendwie seltsam“ aussieht – überprüfe zuerst den Weißabgleich. Oft ist es nur ein kleiner Regler, der aus einem mittelmäßigen Bild ein großartiges macht.